Unternehmens-E-Mails löschen?

Es scheint derzeit ein Trend aus den USA nach Deutschland zu schwappen: das Löschen von Unternehmens-E-Mails. Laut einem Artikel in der hiesigen Online-Ausgabe des Wall Street Journals speichern deutsche Unternehmen, allen voran Banken, immer öfter nur noch so wenig elektronische Kommunikation wie möglich. Als Gründe werden vor allem Kostengründe, aber auch die Furcht vor Rechtsstreitigkeiten genannt.

Die automatische Löschung von E-Mails ist jedoch ein inakzeptables Mittel, um diese Probleme in den Griff zu bekommen. Es verursacht im Gegenteil zusätzliche Probleme:

E-Mails sind Teil der schriftlichen Kommunikation eines Unternehmens. Eine E-Mail im Außenverkehr eines Unternehmens ist grundsätzlich als Geschäftsbrief anzusehen, für den unter Umständen aus gesetzlicher Sicht Aufbewahrungsfristen gelten, die weit jenseits von sechs Monaten liegen. Die pauschale Löschung von E-Mails nach sechs Monaten verbietet sich schon deshalb.

Aber auch ungeachtet gesetzlicher Pflichten enthalten E-Mails, auch interne, oft Informationen, die auch nach deutlich mehr als sechs Monaten noch wichtig sein können. Beispiele sind Absprachen oder Informationen zu einem länger laufenden Projekt, interne Anweisungen, die zu beachten sind oder ähnliches. Man kann darüber streiten, ob E-Mails das richtige Medium zur Aufbewahrung solcher Informationen sind – Fakt ist, dass E-Mail-Konten sehr häufig derartig genutzt werden. Wird diese Information einfach gelöscht, muss sie mühsam wieder aus anderen Quellen beschafft werden oder ist möglicherweise sogar für immer verloren. Auch im Fall ziviler Rechtsstreitigkeiten werden E-Mails oft zur Beweisführung herangezogen. Kann auf diese E-Mails nicht mehr zugegriffen werden, bedeutet das im Verfahren einen möglicherweise erheblichen Nachteil.

Dass E-Mails kompromittierende Informationen enthalten könnte, deren Offenlegung für das Unternehmen negative Folgen hätte, kann kein ernsthaftes Argument für die Löschung dieser E-Mails sein: Es würde alle Bemühungen um Transparenz und Compliance konterkarieren. Im Gegenteil, die bewusste Löschung möglicherweise kompromittierender Informationen kann strafbar sein.

Sicherlich muss längst nicht jede E-Mail aufbewahrt werden. Welche E-Mail aber im Einzelfall gelöscht werden kann und welche nicht, kann von Mitarbeitern kaum kompetent festgestellt werden. Sehr oft stellt sich nämlich die Wichtigkeit einer gespeicherten E-Mail erst im Nachhinein heraus. Viele Unternehmen setzen aus diesen Gründen auf Archiv-Systeme, wie sie Hornetsecurity anbietet und die adcon GmbH vertreibt. In diesen Systemen werden E-Mails pauschal für festgelegte Zeiten unveränderbar und nicht löschbar gespeichert. Aus der persönlichen Mailbox können diese dann bedenkenlos gelöscht werden. Die Information bleibt dem Unternehmen auf jeden Fall für die als notwendig erachtete Zeit erhalten.